Aminosäuren für Freizeitsportler - besser als ein kleines Steak?

- Als Sportler können Sie sich problemlos mit Eiweiß verdorgen und damit auch mit wichtigen Aminosäuren.
- Eiweißreiche Lebensmittel, wie Fleisch, Milchprodukte, Nüsse und Hülsenfrüchte liefern alle nötigen Aminosäuren.
- Einzelne Aminosäuren aufzunehmen ist unnötig und teuer, Nebenwirkungen zwar selten, aber möglich.
- Was steckt hinter der Werbung für Aminosäuren?
- Auf was sollte ich bei der Verwendung von Aminosäureprodukten achten?
- Was sind Aminosäuren?
- Welche Inhaltsstoffe sind in Aminosäureprodukte enthalten?
Was steckt hinter der Werbung für Aminosäuren?
"Was macht Glutamin? Mit einem Wort – Muskelwachstum!", "Für deutliche Leistungssteigerung – nicht nur in Sporthalle und Fitnessstudio, sondern auch im Bett" – die Werbung für Nahrungsergänzungsmittel mit Aminosäuren weckt bei Sportlern große Hoffnungen.
Die Werbung vermittelt den Eindruck, dass bestimmte einzelne Aminosäuren gezielt in größeren Mengen zugeführt werden müssen. Sportler verzehren aber häufig sowieso schon große Mengen Eiweiß mit der Nahrung und sind daher auch ausreichend mit Aminosäuren als Eiweißbestandteilen versorgt.
Meistens werden essentielle Aminosäuren beworben. Diese müssen mit dem Essen aufgenommen werden, da der Körper sie nicht selber bilden kann. Aber auch die semi-essentiellen, also bedingt lebensnotwendigen, Aminosäuren werden vermarktet. Diese bildet der Körper selber, in manchen Situationen, z. B. nach einer Muskelverletzung, aber nicht in ausreichender Menge. Dass in dieser Situation auch normale Lebensmittel wie Milchprodukte, Fleisch, Fisch, Hülsenfrüchte und Nüsse als Aminosäurequelle dienen können, wird von Anbietern oft verschwiegen.
Bei einem anstrengenden Training oder Wettkampf sinkt der Gehalt an bestimmten Aminosäuren, wie z. B. Glutamin ab. Dieser Fakt wird als Begründung genutzt, dass dann Nahrungsergänzungsmittel nötig sind.
Häufig wird auch mit verzweigt-kettigten Aminosäuren, den sogenannten BCAA geworben. Hersteller behaupten, dass der Körper durch eine gezielte Zufuhr an, diesen BCAA nicht auf das körpereigene Muskelgewebe zurückgreifen muss. Das soll dem Abbauprozess entgegenwirkt. Für Ausdauersportler besteht zwar tatsächlich ein Mehrbedarf an diesen Aminosäuren. Dass die Muskelermüdung oder der Muskelabbau aber durch eine isolierte Zufuhr dieser BCAA verzögert wird, ist wissenschaftlich nicht nachgewiesen. Und: Alle Nahrungseiweiße enthalten eine beträchtliche Menge dieser Aminosäuren.
Arginin soll die Durchblutung steigern. Die Aminosäure wird ausreichend im Körper gebildet und reichlich mit der Nahrung aufgenommen. Untersuchungen mit sehr hohen Mengen Arginin (medizinische Dosen), wirkten positiv auf Gefäße und Blutdruck. Die in den Mitteln zur Nahrungsergänzung enthaltene Menge der Aminosäure wird allerdings als völlig wirkungslos angesehen. Aber auch die Einnahme größerer Mengen Arginin, über einen langen Zeitraum, zeigte in Studien keine Effekte auf die für Sportler so wichtige Ausdauerleistung, die maximale Sauerstoffaufnahme und ebenfalls keine Wirkung auf die Konzentration von Wachstumshormonen. Auch zur versprochenen Steigerung der Durchblutung gibt es keine wissenschaftlichen Belege.
Glutamin soll die Muskulatur nach erschöpfender körperlicher Belastung, wie bei einem langen Lauf, wieder fit machen und zusätzlich positiv auf das Immunsystem wirken. Bei der Einnahme von Glutamin als Pulver oder Kapsel haben sich aber bislang keine eindeutig positiven Effekte ergeben. Eine Empfehlung für den Freizeitsport kann daher nicht ausgesprochen werden.
Dass die Aminosäure Beta-Alanin den Muskelaufbau erhöht, wurde ebenfalls noch nicht durch aussagefähige Untersuchungen belegt.
Auf was sollte ich bei der Verwendung von Aminosäureprodukten achten?
Lebensmitteln dürfen in Deutschland laut Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) keine einzelnen Aminosäuren zugesetzt werden, da sie wie Zusatzstoffe behandelt werden. Ausnahmen gelten nur, wenn Hersteller eine sogenannte Allgemeinverfügung beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) beantragt haben. Wenn sie für ein Produkt erteilt wird, dann nur befristet für drei Jahre. Hersteller müssen in diesem Fall maximale Gehalte beachten und Warnhinweise aufdrucken. Eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) stellt allerdings in Frage, dass der Zusatz von Aminosäuren weiterhin pauschal verboten werden darf.
Selbst als Hochleitungsathlet können Sie ihren erhöhten Eiweißbedarf problemlos über die normale Nahrung decken. Aktuelle Studien lassen darauf schließen, dass eiweißreiche Lebensmittel alle Aminosäuren in ausreichendem Maß liefern können.
Ein zu hoher, längerfristiger Verzehr einzelner Aminosäuren kann in Einzelfällen zu Nebenwirkungen führen: Beispielsweise müssen Sie mit Übelkeit, Erbrechen und Durchfall rechnen. Über den Urin wird vermehrt Calcium ausgeschieden. Das kann für Sie bedenklich werden, wenn Sie wenig Calcium aufnehmen, weil Sie z. B. ungern Milch trinken oder Käse essen. Ungünstig ist auch, dass die Aufnahme von großen Mengen von bestimmten Aminosäuren die Aufnahme anderer wichtiger Aminosäuren in Ihren Körper blockieren kann.
Was sind Aminosäuren?
Aminosäuren sind eine große Klasse organischer Verbindungen. Insgesamt sind ungefähr 270 bis 280 verschiedene Aminosäuren bekannt. Die Eiweiße (Proteine) im menschlichen Körper werden nur von 20 dieser Aminosäuren gebildet.
Acht Aminosäuren sind für den erwachsenen Menschen unentbehrlich - sie werden häufig auch als essenzielle Aminosäuren bezeichnet. Der Körper kann sie nicht selbst bilden und muss sie über die Nahrung aufnehmen: Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan und Valin. Eine Sonderstellung nehmen die bedingt unentbehrlichen (semi-essentiellen) Aminosäuren Arginin, Cystein, Glutamin, Histidin sowie Tyrosin ein: Der Körper kann sie zwar bilden, doch reicht diese Menge in bestimmten Situationen nicht aus. Das kann beispielsweise während des Wachstums oder bei schweren Verletzungen der Fall sein. Es kann sein, dass Sie diese Aminsäuren dann aus dem Essen benötigen,
Die biologische Qualität eines Proteins wird durch die darin enthaltenen essentiellen Aminosäuren bestimmt. Die Qualität ist umso höher, je genauer sich Nahrungsprotein und Körperprotein entsprechen.
Dieser Grundsatz bedeutet aber nicht, dass einzelne Aminosäuren in Form von Nahrungsergänzungsmitteln zugeführt werden müssen:
Die Wertigkeit des Eiweißes lässt sich durch die Kombination verschiedener Eiweiß- und damit auch Aminosäurequellen erhöhen. So übersteigt bei einer Linsensuppe mit Brot die biologische Eiweißwertigkeit sogar die von Fleisch. Aus diesem Grund nehmen auch Vegetarier und selbst Veganer mit Gerichten aus Getreide, Hülsenfrüchten, Kartoffeln oder Nüssen ausreichend hochwertiges Protein auf.
Welche Inhaltsstoffe sind in Aminosäureprodukte enthalten?
Aminosäureprodukte gibt es als Pillen, Kapseln, Ampullen oder Pulver. Sie können eine einzelne oder eine Mischung aus mehreren Aminosäuren enthalten. In Nahrungsergänzungsmitteln für Sportler sind das meistens: Glutamin, Arginin, Beta-Alanin und die BCAA. Letzteres steht für Branched-Chain Amino Acids oder auf Deutsch "verzweigt-kettigte Aminosäuren". Hinter diesen Fachbegriffen verbergen sich die essentiellen Aminosäuren Leucin, Isoleucin und Valin.
Sehr gute Quellen sind Rindfleisch, Geflügel, Eier, Fisch, Milchprodukte, Getreide, Bohnen und andere Hülsenfrüchte.
Durch geschicktes Kombinieren können Sie die Wertigkeit der einzelnen Eiweißquellen noch erhöhen, z. B. durch Kartoffeln mit Quark oder Erbseneintopf mit Brot.
Quellen:
Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V. (GDCh): Grundlagenpapier Sportlerernährung und Sportlernahrung: Eine aktuelle Bestandsaufnahme (2011)
Swiss Sports Nutrition Society: Supplementguide Liste B: Noch nicht ausreichend erforscht, Einsatz bedarf spezifischer, individualisierter Protokolle (abgerufen am 10.11.2016)
Becker U,: Proteine – Mehr Pflanzliches auf den Tisch (Juni 2014) PTA Forum online
Hahn A, Ströhle A, Wolters M (2015): Ernährung. 3. Auflage, Wiss. Verlagsgesellschaft, Stuttgart, S. 137
Europäischer Gerichtshof: EuGH-Urteil Queisser gegen BRD zu Aminosäuren in Lebensmitteln, 19.01.2017