Neurologe | 08.07.2020

Komfort-Sprechstunde

Wegen meiner akuten gesundheitlichen Beschwerden habe ich einen Facharzttermin bei meinen kassenärztlichen Neurologen am 29.06.2020 wahrgenommen. Mit meiner Erkrankung bin ich seit mehreren Jahren bei diesem Arzt in Behandlung. Erstmalig wurde mir nunmehr die Behandlung als Komfortsprechstunde (Leistungsbezeichnung in der Rechnung, jedoch ohne Angabe GO-Nr.) in Rechnung gestellt. Im Rahmen des Arzttermins habe ich eingangs mein Befinden geschildert. Nach 10-15 min wurde ich vom Arzt darauf hingewiesen, dass 15 min nunmehr vorbei sind. Sofern ich seine ärztliche Diagnostik/Befund wissen wollen würde, wären er mir dankbar darüber, wenn ich nach diesen 15 min die weitere Sprechstundenzeit privat zahlen würde. Er hat auf seine existenzielle Not hingewiesen und erläutert, dass die Krankenkassen nur noch so viel bezahlen, wie eine 15 min Sprechstunde rechtfertigen würde. Er hat weder auf eine Pflicht zur Zahlung hingewiesen, noch hat er einen konkreten Zahlbetrag genannt. Ich habe dem Arzt eindeutig gesagt, dass ich mit einer privaten Zahlung nicht einverstanden bin. Dies sogar mit dem Hinweis, dass es sich um eine kassenärztliche Versorgungsleistung handelt. Es wurde mir keine schriftliche Zustimmung zu einer Privatleistung vorgelegt. Der Arzt hat die Behandlung ohne weitere Anmerkungen dazu fortgesetzt. Mir wurde eine Medikamentenumstellung und Kontrolltermin empfohlen, zudem habe ich ein Rezept und ein Bericht für meinen Hausarzt erhalten. Am 03.07.2020 hatte ich dann eine Rechnung von diesem Arzt im Briefkasten über eine Komfortsprechstunde in Höhe von 50,00 EUR. Daraufhin habe ich in der Praxis angerufen, ob hier ein Irrtum vorliegt und dass ich mit der Rechnung nicht einverstanden bin. Die Arzthelferin hat gesagt, dass sie die Rechnung erstellt, wenn der Arzt ihr sagt, dass der Patient der Rechnung zugestimmt hat. Da ich nicht zugestimmt habe, habe ich schriftlich Widerspruch eingelegt.

Ist Ihnen das auch passiert?

Kommentar der Verbraucherzentrale

Die ärztliche Berufsordnung hat klar geregelt, für welche Leistungen ein Arzt Geld verlangen darf. Demnach ist es durchaus legitim, gesetzlich Versicherten seine ärztlichen Leistungen, sofern diese nicht durch die gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, in einer Selbstzahler-Sprechstunde anzubieten. Diese Termine dürfen selbstverständlich auch kurzfristig vergeben werden.

Kritisch wird es dann, wenn Akutpatienten einen schnellen Termin möchten. Expresszuschläge für Akutpatienten verstoßen gegen die ärztliche Berufsordnung und können mit einem Disziplinarverfahren geahndet werden. Denn Vertragsärzte müssen Akutpatienten als Patienten der gesetzlichen Krankenversicherungen behandeln. Bietet ein Arzt einem Akutpatienten ausschließlich einen Selbstzahler-Termin an, sieht die Kassenärztliche Vereinigung dieses Vorgehen als ein unzulässiges Abdrängen in die Privatbehandlung an.

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