Goji-Beeren in Kapseln – Wirkung nicht bewiesen

Stand: 04.01.2017    Drucken
Goji-Beeren werden als Superbeeren angepriesen. Allerdings sollte bei der Verwendung auf einiges geachtet werden.
Vorsicht! Wechselwirkungen möglich!Das Wichtigste in Kürze:

  • Goji-Beeren sind reich an Vitamin C und Calcium.

  • Die Zusammensetzung Goji-haltiger Nahrungsergänzungsmittel ist oft nicht bekannt und die Wirkung ist nicht nachgewiesen.

  • Zum Teil sind Goji-Produkte stark mit Pestiziden belastet.

  • Vorsicht ist bei der Einnahme von Medikamenten geboten, da gefährliche Wechselwirkungen möglich sind.

Was steckt hinter der Werbung zu Goji-Beeren?

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Foto: Soyka / Fotolia.com

Getrocknete Goji-Beeren, Goji-Pulver oder -Kapseln werden gerne als wahre Gesundheits- und Anti-Aging-Sensation angepriesen. Angeblich spenden sie Energie, unterstützen das Herz-Kreislauf-System, stärken das Immunsystem, helfen bei Bluthochdruck sowie Schlafproblemen, bieten optimalen Zellschutz, neutralisieren Schäden durch freie Radikale und stehen "im ewigen Kampf gegen zu frühes Altern durch Stress und Umwelteinflüsse" bei. Zudem sollen sie auch bei Erkrankungen des Auges, wie beispielsweise der Makuladegeneration, helfen.

Die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA hat die dazu eingereichten Studien überprüft und bei sämtlichen für Goji/Wolfberry beantragten gesundheitsbezogenen Aussagen festgestellt, dass kein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Behauptungen und der Einnahme von Goji-Beeren besteht.

Was ist Goji?

Die Goji-Beere wächst am Gemeinen Bocksdorn (Lycium barbarum), auch Gemeiner Teufelszwirn oder Chinesische Wolfsbeere genannt. In China heißt das Nachtschattengewächs Níngxià gǒuqǐ, im englischen Sprachraum Goji oder Wolfberry. Der Bocksdorn dient als Zierpflanze, und dessen Früchte werden sowohl in der chinesischen Küche als auch in der traditionellen chinesischen Medizin verwendet. Die getrockneten Beeren sind blassrot, bis zu 1 cm lang und 0,5 cm breit. Sie schmecken süßlich, praktisch säurelos, ein wenig wie eine Mischung aus Dörrpflaumen und Feigen. Außerdem werden Goji-Beeren inzwischen auch als Marmeladen und Fruchtzubereitungen sowie in Kapselform verkauft.

Welche Inhaltsstoffe sind in Goji-Beeren enthalten?

Im Internet wird häufig von einem sehr hohen Vitamin-C-Gehalt, reichlich Zeaxanthin (orangegelber Farbstoff, auch in Mais, Spinat, Eigelb, vielen Gemüsen, Farbstoff E 161h), 18 enthaltenen Aminosäuren und 21 Spurenelementen berichtet. In der offiziellen US-Nährwertdatenbank USDA gibt es eine erste Nährwertanalyse. Goji-Beeren enthalten demnach 46 g Zucker, 13 g Ballaststoffe, 190 mg Calcium, 6,8 mg Eisen, 48 mg Vitamin C und ca. 16 mg Carotinoide (incl. Zeaxanthin) pro 100 g.

Mit dem für Trockenfrüchte recht hohen Vitamin C-Gehalt (ähnlich hoch ist dieser nur für getrocknete Mango) sind die Beeren vergleichbar mit 100 gr Orangen, 100 gr Erdbeeren, 40 gr roter Paprika oder 75 gr Kohlrabi. Betrachtet man den Vitamingehalt im Verhältnis zur Energiemenge - 349 Kilokalorien (kcal) pro 100 g für getrocknete Goji-Beeren gegenüber 32 kcal/100 g bei Erdbeeren oder 18 kcal/75 g Kohlrabi - so sind die getrocknete Goji-Beeren die eindeutigen Verlierer. Der Calcium-Gehalt ist 1,5 mal höher als in Milch (120 mg/100 g), entscheidend sind aber die üblichen Verzehrmengen beider Lebensmittel.

In Nahrungsergänzungsmitteln finden Goji-Beeren-Pulver bzw. -Extrakte Verwendung. Die eingesetzten Extrakte sind nicht standardisiert, die genaue Zusammensetzung meist nicht bekannt und die Wirkung nicht untersucht. Das in Goji-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln ausgelobte Vitamin C ist oft künstlich zugesetzt und stammt nicht ausschließlich aus der Beere.

Auf was sollte ich bei der Verwendung von Goji Beeren achten?

Einer Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zufolge gibt es trotz noch bestehender Unklarheiten keine Gründe, dass gesunde Personen den Verzehr von Goji-Beeren einschränken sollten. Zwar gibt es keine dem üblichen Standard entsprechenden toxikologischen Untersuchungen, aber eben auch keinerlei Hinweise auf schädliche Wirkungen in Humanstudien. Es sind keine Daten für Risikogruppen (Kinder, Schwangere) vorhanden.

Über Risiken und Nebenwirkungen Goji-haltiger Nahrungsergänzungsmittel kann, solange es keinerlei Standards für die Zubereitung des Extrakts gibt und keine toxikologischen Untersuchungen vorliegen, keine Aussage getroffen werden, erst recht nicht zur Langzeitsicherheit. Wer trotzdem Goji-haltige Nahrungsergänzungsmittel verwenden möchte, der sollte auf jeden Fall die Verzehrempfehlung des Herstellers beachten.

Besondere Vorsicht ist bei gleichzeitiger Einnahme von Medikamenten geboten. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat Ende März 2013 eine Warnung zu gefährlichen Wechselwirkungen mit bestimmten "blutverdünnenden" (gerinnungshemmenden) Medikamenten (Vitamin K-Antagonisten) wie Phenprocoumon (Marcumar®) und Warfarin (Coumadin®) veröffentlicht. Goji-Beeren scheinen den Abbau dieser Medikamente im Körper zu blockieren, so dass es zu einer gefährlichen Wirkstoffanreicherung und verstärkter Blutungsneigung kommen kann. Personen, die diese Medikamente einnehmen, sollten unbedingt auf Goji-Beeren in jeglicher Form (getrocknete Früchte, Saft, Marmelade, Nahrungsergänzungsmittel) verzichten.

Können Goji-Beeren mit Schadstoffen belastet sein?

Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart hat Untersuchungen veröffentlicht, wonach Goji-Beeren zu den Obstsorten mit höherer Pestizidbelastung zählen. Die Bilanz: Alle (!) Proben mussten wegen Überschreitung der Höchstmenge des Insektizids Acetamiprid beanstandet werden. Jedoch wurde bei keiner Probe die so genannte akute Referenzdosis überschritten. Das bedeutet: Keine der untersuchten Goji-Proben war aufgrund der festgestellten Rückstände als gesundheitlich bedenklich einzustufen.

Das Amt rät zur Vorsicht bei Qualitätsangaben: Bei 2 von 7 Proben wurden die Angaben "bio" bzw. "wilde Goji-Beeren unbehandelt" in Frage gestellt. Da in allen 7 untersuchten Proben Rückstände von durchschnittlich zehn Wirkstoffen mit teils hohen Rückstandskonzentrationen nachgewiesen wurden, ist bei diesen Proben nicht von wild gesammelten Beeren, sondern von solchen auszugehen, die unter Einsatz von Pflanzenschutzmitteln angebaut wurden.

Eine 2013 veröffentlichte Greenpeace-Untersuchung hat erneut eine hohe (Mehrfach-) Pestizidbelastung von chinesischen Goji-Beeren festgestellt.

Tipp
Goji-Beeren können auch im eigenen Garten angebaut und geerntet werden. Die frostresistenten Bocksdorn-Sträucher gedeihen bei uns gut - früher wurden sie viel als Heckenpflanzen eingesetzt - und sind im Fachhandel erhältlich.



Quellen:


EFSA: EU Register of nutrition and health claims made on foods (abgerufen am 21.07.2016)

Nieber K.: Goji-Beere und VKA interagieren. Ärzte Zeitung (2013)

United States Department of Agriculture Agricultural Research Service: National Nutrient Database for Standard Reference Release 28

Klenow S, et al.: Risikobewertung von Pflanzen und pflanzlichen Zubereitungen BfR Wissenschaft 2012

BfArM und Paul Ehrlich Institut. Bulletin zur Arzneimittelsicherheit.(2013) Ausgabe 1

CVUA: Nachgefasst: Pestizide in Gojibeeren (2010)

Greenpeace. Chinese Herbs: Elixir of health or pesticide cocktail? (2013)