Zahnarzt | 01.08.2018

Arm und zahnlos gegen reich und gierig?

Brücke

Ich bin als gesetzliche Betreuerin für eine Klientin tätig, die im Leistungsbezug des Sozialamtes steht und von dort Leistungen nach dem SGB XII in Form von Hilfe zur Pflege in einer vollstationären Einrichtung erhält.
Die Kosten der bei ihr durchzuführenden Zahnbehandlung sollen durch die Krankenkasse bezahlt werden. Doppelter Festzuschuss wurde beantragt und auch gewährt.
Es verbleiben jedoch noch ungedeckte Restkosten i.H.v. ca. € 269,00 + Kosten für die Anfertigung eines individuellen Löffels.
Um seinen Honoraranspruch abzusichern, verlangt der Zahnarzt nun von mir als gesetzlicher Betreuerin, einen Schuldbeitritt unter Verzicht auf "alle bekannten und unbekannten Einwendungen und Einreden" zugunsten der Klientin zu erklären. Damit würde ich persönlich gesamtschuldnerisch für die Ansprüche des Arztes gegenüber meiner beruflich betreuten Klientin haften! Ein Telefonat mit dem behandelnden Zahnarzt verlief recht unergiebig. Er meinte, er habe eben "allgemeine Geschäftsbedingungen".

Eine Nachfrage beim Sozialamt in dieser Sache ergab, dass die über dem doppelten Festzuschuss liegenden Aufwendungen des Zahnarztes nicht vom Sozialamt übernommen werden.
Zudem soll eine Einverständiserklärung zugunsten einer priv. Abrechnungsstelle erteilt werden.
Ist dieses Verhalten standesrechtlich in Ordnung ist, zumal der Zahnarzt eine kassenärztliche Zulassung hat.Darf er seine Behandlung von der Erfüllung seiner "allgemeinen Geschäftsbedingungen" abhängig machen? Moralisch dürfte diese wohl verwerflich sein, da die Patientin eben kein Geld hat, die Mehrkosten für eine "ganz normale" Behandlung zu bezahlen. Da die Patientin in einer Heimeinrichtung lebt und dieser Arzt als einziger in die Einrichtung kommt, kann auch kein anderer Arzt mit der Behandlung beauftragt werden.

Ist Ihnen das auch passiert?

Kommentar der Verbraucherzentrale

Mehrkosten können nur entstehen, wenn vor Behandlungsbeginn vereinbart wird, dass auch Leistungen, die über eine Regelversorgung hinausgehen, in Anspruch genommen werden. Das muss ja nicht sein. Die Patientin kann ausschließlich Regelversorgungsleistungen in Anspruch nehmen und dann übernimmt die Krankenkasse die kompletten Kosten.


Die Einverständniserklärung gilt immer nur für privatärztliche Leistungen. Wenn die Patientin also nur kassenärztliche Regelversorgungsleistungen in Anspruch nimmt, dürften keine Mehrkosten anfallen. Der Arzt ist gesetzlich verpflichtet, auf die Regelversorgung hinzuweisen. Bestehen Patienten auf einer für sie kostenfreien Versorgung, muss der Arzt diese Entscheidung akzeptieren.


Patienten sollten sich in so einem Fall mit der zuständigen Krankenkasse in Verbindung setzen.

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