Jod, Folsäure, Eisen und Co - welche Nahrungsergänzungen brauchen Schwangere?

Stand: 09.04.2017    Drucken
In der Schwangerschaft wird eine Nahrungsergänzung empfohlen - doch was ist zu beachten?
Das Wichtigste in Kürze:
  • In der Schwangerschaft steigt der Bedarf an vielen Nährstoffen. Durch eine bewusste Auswahl der Lebensmittel können Schwangere alle Nährstoffe - mit Ausnahme von Jod und Folsäure - in ausreichender Menge aufnehmen.
  • Schwangeren wird empfohlen pro Tag 400 µg Folsäure und 100-150 µg Jod in Form eines Nahrungsergänzungsmittels einzunehmen.
  • Die generelle Einnahme eines Eisenpräparats oder anderer Nährstoffe wird Schwangeren jedoch nicht empfohlen.
  • Die meisten im Handel erhältlichen Nahrungsergänzungsmittel oder Spezial-Lebensmittel für Schwangere enthalten über Jod und Folsäure hinaus noch weitere, teils unnötige oder deutlich zu hoch dosierte, Nährstoffe.

Wie verändert sich der Nährstoffbedarf in der Schwangerschaft?

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Foto: tiagozr / Fotolia.com

Der Energiebedarf (Kalorienbedarf) steigt im Verlauf der Schwangerschaft nur leicht an und ist in den letzten Monaten der Schwangerschaft nur etwa 10 % höher als vor der Schwangerschaft. Beispiel: Hat die Frau vor der Schwangerschaft einen Kalorienbedarf von 2200 kcal/Tag, so liegt er am Ende der Schwangerschaft um 220 kcal höher, das entspricht zum Beispiel ungefähr einem zusätzlichen großen Becher Fruchtjoghurt (250 g).

Der Bedarf an einzelnen Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen steigt dagegen erheblich stärker. Trotzdem kann der zusätzliche Nährstoffbedarf in Schwangerschaft und Stillzeit leicht über schmackhafte, normale Lebensmittel gedeckt werden (Ausnahme Jod und Folsäure). Schwangere und stillende Frauen sollten Lebensmittel mit hoher Nährstoffdichte bevorzugen, d.h. Lebensmittel, die pro 100 kcal besonders viele Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente liefern. Beispiele sind Gemüse, Obst, Vollkornprodukte, fettarme Milch- und Milchprodukte, Meeresfisch und fettarmes Fleisch/Geflügel.

Welche Produkte empfiehlt die Werbung, was ist sinnvoll?

Laut Werbung sorgen die Produkte dafür, den täglichen Bedarf an Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen während der Schwangerschaft zu decken. Gleichzeitig zählen die Anbieter auf, welche Wirkungen die enthaltenen Vitamine und Mineralstoffe haben: "Zink leistet einen Beitrag zur normalen Funktion des Immunsystems und zum Schutz der Zellen vor oxidativem Stress"; "Die Aufnahme der Omega-3-­Fettsäure DHA (Docosahexaensäure) durch die Mutter trägt zur normalen Entwicklung der Augen und des Gehirns beim Fötus und beim gestillten Säugling bei". Dies ist zwar richtig, das leisten diese Nährstoffe aber auch, wenn sie über herkömmliche Lebensmittel aufgenommen werden.

Die Zusammensetzung der Produkte entspricht überdies nicht den aktuellen Empfehlungen zur Ernährung in der Schwangerschaft durch anerkannte Fachexperten: Jod und Folsäure sind in den Produkten erwünscht, Eisen sollte nur bei nachgewiesenem Mangel ergänzt werden. Vielmehr verfahren die Anbieter nach dem Motto "viel hilft viel" und bieten nach dem Gießkannenprinzip ein wahres Potpourri an Nährstoffen an: "12 Vitamine und 5 Mineralstoffe für den erhöhten Bedarf".

Darüber hinaus sind oft auch Spurenelemente wie zum Beispiel Mangan enthalten, das nach Auffassung des Bundesinstituts für Risikobewertung in Nahrungs­ergänzungsmitteln aufgrund möglicher gesundheitlicher Gefahren gar nicht enthalten sein sollte. Ein Marktcheck der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg aus dem Jahr 2014 kommt zu dem gleichen Ergebnis wie die Zeitschrift Ökotest im Jahr 2016: Es gibt am Markt fast nur Produkte, die entweder Überdosierungen oder überflüssige Vitamine oder Mineralstoffe enthalten.

Wie kann ich den erhöhten Folsäurebedarf decken?

Das Vitamin Folsäure ist im Körper an Prozessen der Zellteilung und des Wachstums beteiligt und deshalb ist es besonders wichtig, den - erhöhten - Bedarf in der Schwangerschaft zu decken. Außerdem zeigen Studien, dass die Einnahme von 400 µg Folsäure pro Tag das Risiko kindlicher Fehlbildungen (Neuralrohrdefekte) verringert.

Frauen, die eine Schwangerschaft planen und Schwangeren wird deshalb empfohlen, mindestens bis zum Ende des ersten Schwangerschafts­drittels 400­µg Folsäure pro Tag zusätzlich zu einer abwechslungsreichen Ernährung einzunehmen. Folsäurereiche pflanzliche Lebensmittel, die zusätzlich zur Versorgung beitragen können, sind beispielsweise grünes Blattgemüse, Kohlsorten, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Tomaten oder Orangen.

Wie kann ich den Jodbedarf decken?

Eine gute Versorgung mit Jod ist nötig für die gesunde Entwicklung des Kindes im Mutterleib. Gute Jodquellen sind vor allem Meeresfisch, der zweimal pro Woche auf dem Speiseplan stehen sollte, sowie Milch und Milchprodukte. Jodiertes Speisesalz zum Würzen im Haushalt und der Kauf von verarbeiteten Lebensmitteln wie Brot und Fleischwaren, die mit Jodsalz hergestellt wurden, ergänzen die Versorgung mit Jod.

Zusätzlich sollten Schwangere täglich ein Nahrungs­ergänzungsmittel mit 100-150 µg Jod einnehmen, um die Lücke zwischen empfohlener Jodzufuhr und tatsächlicher Jodaufnahme zu schließen. Auch in der Stillzeit ist der Jodbedarf weiter erhöht, da der Säugling über die Muttermilch mit Jod versorgt wird. Stillenden wird deshalb empfohlen, täglich 100 µg Jod über ein Nahrungs­ergänzungsmittel einzunehmen. Bei Schilddrüsen erkrankungen muss der behandelnde Arzt zu Rate gezogen werden.

Muss jede Schwangere Eisen einnehmen?

Eine vorbeugende Einnahme von Eisenpräparaten ist auch in der Schwangerschaft nicht empfehlenswert. Die Entscheidung, ob die Einnahme von Eisen notwendig ist, sollte immer nur individuell getroffen werden, und zwar nach einer Blutuntersuchung und einer medizinischen Beratung. Obwohl der Eisenbedarf in der Schwangerschaft ansteigt, weil mehr Eisen für die Plazenta, den Fetus und das größere Blutvolumen der werdenden Mutter benötigt wird, hat längst nicht jede Schwangere einen Eisenmangel.

Bei vielen Frauen reicht die Aufnahme über Lebensmittel wie Fleisch, Fleischwaren und Fisch sowie pflanzliche Lebensmittel, wie Vollkornprodukte oder dunkles Blattgemüse.

Tipp
Die Eisenaufnahme vom Darm ins Blut wird durch die gleichzeitige Aufnahme Vitamin C reicher Lebensmittel (z.B. Obst als Nachtisch, Salat als Beilage) verbessert.

Brauchen Schwangere Omega-3-Fettsäuren?

Die langkettige Omega-3-Fettsäure DHA (Docosahexaensäure) ist für die normale Entwicklung des kindlichen Gehirns und der Sehfunktion wichtig. Schwangere Frauen sollten mindestens 100-200 mg DHA pro Tag aufnehmen. Dies kann durch zwei Seefisch-Mahlzeiten pro Woche erreicht werden, davon eine aus fettreichem Fisch wie Makrele, Hering, Sardine oder Lachs. Große Raubfische wie z.B. Thunfisch oder Schwertfisch können durch die Anreicherung in der Nahrungskette hohe Schadstoffgehalte (z.B. Quecksilber) aufweisen und sollten in dieser Zeit nur selten gegessen werden.

Walnüsse und Pflanzenöle wie Raps- oder Leinöl enthalten eine andere Omega-3-Fettsäure, die alpha-Linolensäure, die im Körper zu einem geringen Teil in DHA umgewandelt werden kann.

Frauen, die auf Fische verzichten oder ihn nur selten essen, sollten DHA über angereicherte Lebensmittel (z.B. angereichertes Öl oder Margarine) oder Nahrungs­ergänzungsmittel (z.B. aus Fischöl oder marinen Mikroalgen) zuführen.

Sollten Schwangere Vitamin-D ergänzen?

Die Vitamin-D-­Versorgung Schwangerer wirkt sich direkt auf die kindliche Vitamin-D-­Versorgung und Gesundheit (z.B. der Knochen) aus. Über die Nahrung wird nur wenig Vitamin D aufgenommen (z.B. über Fische und Pilze).

Die Vitamin-D-­Versorgung des Körpers wird hauptsächlich durch die Vitamin D-Bildung in der Haut bei Sonnenschein gesichert. Gefährdet für eine Unterversorgung sind Frauen, die sich selten im Sonnenlicht aufhalten oder ihre Haut weitgehend bedecken bzw. Sonnencreme anwenden, und Frauen mit dunklem Hauttyp.

Die individuelle Versorgung kann allerdings nur über eine Bestimmung des Vitamin-D-­Spiegels im Blut erkannt werden. Statt angereicherte Lebensmittel oder Nahrungs­ergänzungsmittel zu verwenden, empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung sich öfter im Freien aufzuhalten und zu bewegen, denn so kann der Vitamin D-Bedarf auch ohne Präparate gedeckt werden. Ein Nahrungs­ergänzungsmittel mit Vitamin D sollte nur nach Rücksprache mit dem Arzt eingenommen werden.


Quellen:


Gesund ins Leben, Netzwerk Junge Familie, abgerufen am 09.04.2018

Weißenborn A. et al.: Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln. J Consum Prot Food Saf (2018). Online publiziert am 04.01.2018

Ernährung in der Schwangerschaft – Handlungsempfehlungen des Netzwerks "Gesund ins Leben – Netzwerk junge Familie"

Nahrungsergänzungsmittel für Schwangere

Vitamin- und Eisenpräparate für Schwangere. Zu viel ist zu viel, Ökotest Mai 2016

Verwendung von Eisen in Nahrungsergänzungsmitteln und zur Anreicherung von Lebensmitteln

BfR: Vitamin D – der aktuelle D-A-CH-Referenzwert aus Sicht der Risikobewertung