Omega-3-Fettsäure-Kapseln sinnvolle Nahrungsergänzung?

Stand: 04.05.2018    Drucken
Omega-3-Fettsäuren beeinflussen die Blutfette und somit die Herzgesundheit positiv, wirken entzündungshemmend. Ist diese Wirkung auch bei Kapseln zu erwarten?
Erst den Arzt fragen!Das Wichtigste in Kürze:
  • Omega-3-Fettsäure-Kapseln werden häufig mit der Aufrechterhaltung eines normalen Cholesterin­spiegels im Blut beworben.

  • Gesunde Personen benötigen keine zusätzliche Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren über Nahrungs­ergänzung­smittel.

  • Zu hoch dosierte Omega-3-Fettsäure-Produkte bergen erhebliche gesundheitliche Risiken.

  • Auch Wechsel­wirkungen mit Medikamenten sind nicht auszuschließen.

Was steckt hinter der Werbung für Omega-3-Fettsäure-haltige Nahrungsergänzungsmittel?

Fisch aus Lebertranpillen
Foto: batteriesnotincluded/iStockphoto.com

Nahrungs­ergänzungs­mittel, die Omega-3-Fettsäuren enthalten, wie beispielsweise Fischöl-Kapseln, werden häufig damit beworben, einen normalen Cholesterin- und Triglycerid­spiegel im Blut und einen normalen Blutdruck zu erhalten. Gleichzeitig sollen sie zu einer normalen Gehirnfunktion, Sehkraft und Herzfunktion beitragen. Diese Wirkaussagen sind wissenschaftlich belegt und entsprechend der Health-Claims Verordnung. Allerdings müssen die Produkte dafür eine vorgeschriebene Mindestmenge dieser Fettsäuren enthalten und zusätzlich über die Menge informieren, die nötigt ist, um eine Wirkung zu erzielen. Allerdings werden die erlaubten gesundheits­bezogenen Aussagen jedoch oft verstärkt bzw. übertrieben. So wird aus "tragen zu einer normalen Herzfunktion bei" werbewirksam "besitzen schützende Eigenschaften für ein gesundes Herz".

Vor allem im Internet werden Omega-3-Fettsäure-Produkte immer wieder mit nicht zulässigen Aussagen wie "zum Schutz vor Herzinfarkt und Schlaganfall", "Hilfe bei Arthritis und Gelenkbeschwerden" und "Schutz vor Brustkrebs" beworben. Omega-3-Fettsäure-haltige Nahrungs­ergänzungs­mittel sind jedoch Lebensmittel und nicht für die Behandlung von Krankheiten geeignet. Im Gegensatz zu Arzneimitteln musste der Hersteller vor der Markteinführung weder Wirksamkeit noch Sicherheit nachweisen.

Bei Omega-3-Fettsäure-Produkten für Kinder, Säuglinge oder das Ungeborene (Produkte für Schwangere) sind folgende Aussagen wissenschaftlich belegt:

  • α-Linolensäure und Linolsäure werden für ein gesundes Wachstum und eine gesunde Entwicklung bei Kindern benötigt.
  • Die Aufnahme von Docosahexaensäure (DHA) trägt zur normalen Entwicklung der Sehkraft bei Säuglingen bis zu einem Alter von 12 Monaten bei.
  • Die Aufnahme von DHA durch die Mutter trägt zur normalen Entwicklung des Gehirns und der Augen beim Fötus und beim gestillten Säugling bei.

Diese Wirkungen werden allerdings nur erzielt, wenn eine bestimmte Menge dieser Fettsäuren täglich aufgenommen wird. Die Produkte müssen daher einen entsprechenden Hinweis tragen.

Aussagen, wonach Omega-3-Fettsäuren zur Beruhigung, Gelassenheit, Konzentration, Lernfähigkeit, Denkfähigkeit und geistigen Entwicklung von Kindern (ein bis zwölf Jahre, auch in Zusammenhang mit ADHS) beitragen sind per Verordnung 983/2009 Anhang II verboten.

Für ein mit DHA angereichertes Fischöl wurde die Werbeaussage beantragt: "trägt zusammen mit körperlichem und geistigem Training zur Verlangsamung des altersbedingten Abbaus der kognitiven Fähigkeiten in Bereichen wie etwa Gedächtnis und exekutive Funktionen bei". Auch diese Angabe wurde per Verordnung (EU) 2017/1202 untersagt.

Im Gegensatz zu gesunden Menschen, kann bei einer bereits bestehenden Erkrankung wie beispielsweise koronarer Herzkrankheit eine zusätzliche Zufuhr von entsprechend dosierten Arzneimitteln mit Omega-3-Fettsäuren aus therapeutischer Sicht (also auf Anweisung des Arztes) sinnvoll sein.

Was sind Omega-3-Fettsäuren?

Die Omega-3-Fettsäuren gehören zu den langkettigen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Sie sind Bestandteil von Biomembranen der Körperzellen und Vorläufer von biologisch wirksamen Substanzen (Eicosanoide). Zu den Omega-3-Fettsäuren zählt unter anderem die alpha-Linolensäure (ALA), die eine lebensnotwendige Fettsäure darstellt. ALA kann der Körper nicht selbst synthetisieren und muss daher über die Nahrung aufgenommen werden. Eicosapentaen­säure (EPA) und Docosahexaen­säure (DHA) sind ebenfalls wichtige Omega-3-Fettsäuren. Sie können im Körper, außer bei Säuglingen, aus ALA hergestellt werden. Eine gute Nahrungsquelle für EPA und DHA ist fettreicher Meeresfisch wie zum Beispiel Makrele, Hering, Thunfisch oder Lachs. Für Veganer eignen sich DHA-reiche Öle aus verschiedenen Mikroalgen. ALA ist vor allem in einigen pflanzlichen Ölen (beispielsweise Raps-, Walnuss- und Leinöl), Nüssen, grünem Blattgemüse (z.B. Feldsalat) und Chia-Samen enthalten.

Omega-3-Fettsäuren sind in kleinen Mengen gesund und lebensnotwendig. Sie verbessern die Fließeigenschaften des Blutes, hemmen die Blutgerinnung, wirken Blutdruck senkend, entzündungshemmend und beeinflussen den Triglycerid-Stoffwechsel positiv. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt daher 0,5 Prozent der täglichen Kalorien durch Omega-3-Fettsäuren (ALA) aufzunehmen. Das entspricht bei einem Erwachsenen (2400 Kilokalorien (kcal)) etwa 1,3 Gramm ALA, enthalten in einem Esslöffel Rapsöl.

Welche Inhaltsstoffe sind in Omega-3-Fettsäure-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln enthalten?

Bei den zur Nahrungsergänzung angebotenen Omega-3-Fettsäure-Produkten handelt es sich häufig um ölgefüllte Kapseln. Die meisten davon enthalten Fischöl, einige ALA-reiche Pflanzenöle, z.B. aus Perilla (Schwarznessel) oder aus Mikroalgen. Gemäß der europäischen Nahrungsergänzungsmittel-Richtlinie fallen Omega-3-Fettsäuren unter "sonstige Stoffe", deren Zusatz zu Nahrungs­ergänzungs­mitteln nicht geregelt ist. Folglich ist die Dosierung der am Markt befindlichen Omega-3-Fettsäure-Kapseln sehr unterschiedlich. Zum Teil enthalten sie ebenso hohe Mengen an Omega-3-Fettsäuren wie zugelassene, geprüfte Arzneimittel, ohne dass es für sie Vorschriften hinsichtlich Reinheit oder Wirksamkeit gibt bzw. Untersuchungen auf unerwünschte Wirkungen durchgeführt werden mussten. Aufgrund der potentiellen gesundheitlichen Risiken, die mit einer übermäßigen Zufuhr an Omega-3-Fettsäuren einhergehen, empfiehlt das BfR eine Festlegung von Höchstmengen für die Anreicherung in Lebensmitteln.

Bei der Auslobung der Inhaltsstoffe muss lediglich der Gehalt an Omega-3-Fettsäuren angegeben werden, ohne dass zwischen ALA, EPA und DHA unterschieden werden muss. Dies macht einen Vergleich der Gehalte nahezu unmöglich.

Öle mit hohem Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren wie Omega-3-Fettsäuren sind besonders oxidations­anfällig, d.h. sie werden schnell ranzig. Dies wird durch den Zusatz von Antioxidantien verhindert. Daher enthalten Omega-3-Fettsäure-haltige Nahrungs­ergänzungs­mittel meist noch Vitamin E. Zudem werden häufig weitere Vitamine zugesetzt. Bislang mangelt es in der Gesetzgebung an vorgeschriebenen Höchst- und Mindestmengen für Vitamine in Nahrungs­ergänzungs­mitteln. Folglich überschreiten einige zugesetzte Vitamine die Höchstmengen­empfehlungen des BfR - das ergab eine Untersuchung von Ökotest. Das kann unter Umständen ernste gesundheitliche Folgen nach sich ziehen.

Auf was sollte bei der Verwendung Omega-3-Fettsäure-haltiger Produkte geachtet werden?

Bei der Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln mit Omega-3-Fettsäuren sind Neben- und Wechsel­wirkungen nicht ausgeschlossen – auch wenn sie nicht genannt werden müssen. Hoch dosierte Produkte können die Fließ­eigenschaften des Blutes verändern, die Blutungszeit verlängern und somit das Blutungs­risiko erhöhen.

Des Weiteren können bei der Aufnahme hoher Mengen an Omega-3-Fettsäuren Übelkeit und Erbrechen auftreten. Zudem kann möglicherweise die Blutzucker­einstellung bei Diabetikern erschwert sein und das Immunsystem nachteilig beeinflusst werden, was zu einer gesteigerten Infekt­anfälligkeit gerade bei älteren Personen führen kann. Bei einer vorliegenden Infektions­erkrankung sollte daher eine zusätzliche Omega-3-Fettsäure-Gabe nur nach Rücksprache mit dem Arzt erfolgen.

Insbesondere EPA kann bei gesteigerter Aufnahme einen erhöhten LDL-Cholesterin­spiegel bedingen. Dies ist insbesondere bei bestimmten Fettstoffwechselstörungen problematisch. Aufgrund der genannten Risiken empfiehlt das BfR unbedingt Höchstmengen für Omega-3-Fettsäure-Produkte festzulegen, die es bisher leider nicht gibt und an die sich die Hersteller auch nicht gebunden fühlen. Laut BfR sollten pro Tag nicht mehr als 1,5 g Omega-3-Fettsäuren aus allen Quellen (inkl. Lebensmittel wie Fisch, Margarine, Nüsse) aufgenommen werden.

Besondere Vorsicht ist bei der gleichzeitigen Einnahme von Medikamenten geboten. So kann sich durch die Verwendung hoch dosierter Omega-3-Fettsäure-Produkte beispielsweise die Wirkung gerinnungs­hemmender Medikamente wie Acetyl­salicyl­säure (ASS) verstärken. Daher sollte die Verwendung und die Dosierung von Omega-3-Fettsäure-haltigen Produkten grundsätzlich nur in Absprache mit einem Arzt erfolgen!

Kann ich meinen Tagesbedarf über die Nahrung decken?

Grundsätzlich gilt, dass gesunde Menschen bei einer vollwertigen und ausgewogenen Ernährung genügend Omega-3-Fettsäuren aufnehmen. Bei einem Verzicht auf Fisch, wie zum Beispiel bei einer veganen Ernährungsweise wird kaum Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) zugeführt. Zudem ist die Umwandlung der n-3 Fettsäure alpha- Linolensäure (ALA) zu EPA und DHA im menschlichen Organismus limitiert. EPA und DHA können dann über angereicherte Lebensmittel (z.B. angereichertes Öl oder Margarine) oder Nahrungs­ergänzungsmittel (z.B. aus Fischöl oder marinen Mikroalgen) zugeführt werden.


Tipp
  • Statt ohne ärztlichen Rat zu Omega-3-Fettsäure-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln zu greifen, sollte ein- bis zweimal pro Woche eine Portion Fisch, bevorzugt (fettreicher) Seefisch gegessen und je nach Geschmack Raps-, Walnuss-, Lein- oder Sojaöl verwendet werden. Auch kleine Mengen Walnüsse oder Mandeln täglich sind zu empfehlen.
  • Veganer können zur Deckung ihres Omega-3-Fettsäurebedarfs ihre Ernährung mit DHA-reichen Ölen aus Mikroalgen ergänzen.
  • Wer sich cholesterinbewusst ernähren möchte, sollte weniger tierische Fette und mehr Ballaststoffe essen (Gemüse, Obst, Vollkornprodukte). Für eine leichte Senkung des Cholesterinspiegels sind Haferflocken, Haferkleie (Beta-Glucan), Äpfel, Zitrus- und Beerenfrüchte gut geeignet.


Quellen:


Deutsche Gesellschaft für Ernährung: Ausgewählte Fragen und Antworten zu veganer Ernährung (abgerufen am 09.04.2018)

BfR (2006): Müssen Fischverzehrer ihre Ernährung durch Fischöl-Kapseln ergänzen? (abgerufen am 11.01.2017)

BfR (2009): Für die Anreicherung von Lebensmitteln mit Omega-3-Fettsäuren empfiehlt das BfR die Festsetzung von Höchstmengen (abgerufen am 11.01.2017)

DGE: Fett (abgerufen am 11.01.2017)

He K; Rimm E et al.: Fish Consumption and Risk of Stroke in Men, JAMA 288 (24): 3130-3136, 2002 (abgerufen am 11.01.2017)

Stiftung Warentest (2005): Fischölkapseln: Meer-Schutz fürs Herz (abgerufen am 11.01.2017)

Ökotest (2012): Test Blutfettsenker (abgerufen am 11.01.2017)