Lutein - Augenschutz oder Augenwischerei?

Lutein

Stand: 06.01.2017    Drucken
Lutein in Nahrungsergänzungsmitteln soll die Augen schützen. Sind die Werbeversprechen gerechtfertigt und gibt es gesundheitliche Risiken?
Erst den Arzt fragen!Das Wichtigste in Kürze:
  • Lutein-haltige Produkte werden unter anderem beworben die Sehkraft der Augen zu schützen.
  • Diese Aussagen sind wissenschaftlich nicht belegt und dürfen für Nahrungsergänzungsmittel nicht verwendet werden.
  • Daneben gibt es noch ergänzende bilanzierte Diäten mit Lutein auf dem Markt, die bei entsprechender Zusammensetzung in wenigen Fällen eine Verschlechterung der altersabhängigen Makuladegeneration (Augenerkrankung) verlangsamen können.
  • Aufgrund möglicher unerwünschter Wirkungen und Wechselwirkungen mit Medikamenten sollten Lutein-haltige Produkte jedoch nicht ohne ärztliche Absprache verwendet werden.

Was steckt hinter der Werbung zu Lutein?

Lutein-haltige Nahrungsergänzungsmittel werden unter anderem als "Vitalstoffe für die Augen" beworben, die zum "Erhalt einer gesunden und normalen Sehkraft" beitragen sollen. Gemäß Health-Claims-Verordnung sind für Lutein jedoch keine gesundheitsbezogenen Angaben zugelassen. Reine Lutein-Präparate dürften somit nicht mit solchen oder ähnlichen Aussagen werben. Um dies zu umgehen, nutzen die Hersteller folgenden Trick: Sie setzen den Präparaten zusätzlich Vitamine, Mineralstoffe bzw. Omega-3-Fettsäuren (Docosahexaensäuren, DHA) zu, für die die genannten gesundheitlichen Aussagen zugelassen sind.

Auge des alten Menschen 116179847_S_
Foto: Syda Productions / Fotolia.com

Neben den Lutein-haltigen Nahrungs­ergänzungsmitteln finden sich derzeit noch sogenannte ergänzende bilanzierte Diäten mit Lutein in Supermärkten, Drogerien, Apotheken oder im Internet. Sie werben damit Abhilfe bei Augenerkrankungen, insbesondere bei altersabhängiger Makuladegeneration (AMD), zu schaffen. Die Hersteller solcher Produkte nutzen das Gefühl der Hilflosigkeit betroffener Personen, da bislang nur wenig gegen die Erkrankung unternommen werden kann.

Nach derzeitigem Wissensstand ist eine Verhütung der AMD mittels Lutein nicht möglich. Lediglich eine gewisse Verlangsamung beim Fortschreiten der AMD kann bei langfristiger Einnahme durch bestimmte Vitamin-­Mineralstoff-­Kombinationen plus Lutein oder Beta-Carotin (AREDs-Rezeptur) erreicht werden allerdings nur in einem bestimmten Stadium der AMD, die nur der Augenarzt feststellen kann. Daher sollte die Verwendung vorher mit dem Augenarzt abgesprochen werden.

Entsprechend einer gesetzlichen Änderung werden künftig aus den ergänzenden bilanzierten Diäten "Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke". Diese unterliegen strengeren gesetzlichen Regelungen als bisher, sodass vermutlich Lutein-haltige Produkte nach einer Übergangsfrist bis 2019 nur noch als Nahrungsergänzungs­mittel vermarktet werden. Die Werbung mit der vermeintlichen "Hilfe bei AMD" ist dann nicht mehr zulässig, da krankheitsbezogene Aussagen bei Nahrungs­ergänzungsmitteln verboten sind.

Was ist Lutein?

Lutein gehört zu den Carotinoiden und somit zur Gruppe verschiedenartiger Pflanzenfarbstoffe (sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe). Studien deuten darauf hin, dass Lutein in Kombination mit verschiedenen Vitaminen, Mineralstoffen und Zeaxanthin (AREDs-Rezeptur) den Krankheitsverlauf der AMD, eine Rückbildung des sogenannten "Gelben Flecks" in der Netzhaut des Auges, unter bestimmten Umständen verzögern kann. Allerdings konnte durch diese Rezeptur weder die Entstehung der AMD verhindert, noch eine positive Wirkung nach der Einnahme durch gesunde Personen beobachtet werden. Inwieweit der Einsatz von Lutein-haltigen Präparaten in der AMD-Therapie sinnvoll ist, sollte in jedem Falle der behandelnde Augenarzt entscheiden.

In der Natur ist Lutein weit verbreitet und kommt meist mit anderen Carotinoiden vergesellschaftet vor. Besonders Lutein-haltige Lebensmittel sind grüne Gemüse wie Spinat, Grünkohl, Brokkoli, Paprika, Erbsen, aber auch Mais. Mit 150 g Spinat nimmt man bereits 18 mg Lutein zu sich. Dies ist vergleichbar mit der empfohlenen Tagesdosis der meisten Lutein-haltigen Nahrungsergänzungsmittel. Auch verschiedene Obstsorten, wie. Nektarinen, Pfirsich, Aprikose und Orange enthalten Lutein. Eine weitere gute Lutein-Quelle stellt Hühnereidotter dar. Dagegen wird für Nahrungsergänzungsmittel häufig Lutein aus Blütenblättern von Tagetes (Studentenblume, Aufrechte Sammetblume, Marigold Flower) verwendet.

Lutein ist relativ hitzestabil. Untersuchungen haben ergeben, dass auch nach dem Kochen (15 min) noch ausreichend Lutein in den Lebensmitteln steckt. Lutein wird durch das Kochen sogar noch besser für den Körper verfügbar. Zudem ist die sogenannte Bioverfügbarkeit auch vom Fettgehalt der Mahlzeit abhängig. Fett fördert, Ballaststoffe und mittelkettige Fettsäuren dagegen hemmen die Lutein-Aufnahme.

Lutein findet auch als orangegelber Lebensmittelfarbstoff (Xantophyll, E161b) zur Färbung von Soßen, Würzmittel, Süßwaren, Kuchen, Keksen, Blätterteiggebäck sowie alkoholischen Getränken Anwendung. Zudem wird es als Futtermittelzusatz bei der Eierproduktion für besonders gelbe Eidotter verwendet.

Was sollte ich bei der Verwendung Lutein-haltiger Nahrungsergänzungsmittel beachten?

Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde äußerte keine Sicherheitsbedenken gegenüber dem Einsatz von Lutein in Nahrungsergänzungsmitteln, solange die eingesetzte Menge im Bereich der mit der Nahrung üblicherweise aufgenommenen Menge liegt. Unklar ist jedoch, welche Mechanismen durch die isolierte Gabe von Lutein im gesamten Carotinoid-­Stoffwechsel ausgelöst werden. Denn es ist bekannt, dass sich die Carotinoide wechselseitig in ihrer Verfügbarkeit beeinflussen. So behindert Lutein die Aufnahme von Beta-Carotin und umgekehrt. Zudem ist eine Wechselwirkung mit zusätzlich eingenommenen Medikamenten nicht auszuschließen. Vor der Verwendung von Lutein-haltigen Präparaten ist daher eine Absprache mit dem Arzt zwingend notwendig.

Besondere Vorsicht ist bei der Verwendung von Lutein-haltigen Kombipräparaten mit Beta-Carotin, anderen Vitaminen etc. (Bsp. AREDs Rezeptur) geboten. So kann es bei der Einnahme zu unerwünschten Wirkungen wie gelben Verfärbungen der Haut und Magen-Darm-Beschwerden (Schmerzen, Verstopfung, Blähungen) kommen. Zudem gibt es Hinweise, dass die Entstehung von Nierensteinen begünstigt und das Lungenkrebsrisiko, vor allem bei Rauchern, durch die Verwendung von Beta-Carotin / Lutein-Kombipräparaten erhöht wird.

Tipp
Lutein sollte nicht isoliert als Nahrungsergänzungsmittel, sondern im natürlichen Lebensmittelverbund aufgenommen werden. Lutein-reiche Lebensmittel sind grünes Gemüse (Grünkohl, Spinat, Brokkoli, Salat), verschiedene Früchte (Nektarine, Pfirsich, Orange) sowie Eigelb. Eine zusätzliche Fettaufnahme fördert die Resorption.


Quellen:


AREDS Research Group (2014): Secondary Analyses of the Effects of Lutein/Zeaxanthin on Age-Related Macular Degeneration Progression. JAMA Ophthalmol. 132 (2), 142-149. doi: 10.1001/jamaophthalmol.2013.7376.

Deutsches Ärzteblatt: Augenärzte warnen vor Selbstmedikation bei Makuladegeneration. Stand: 12.03.2015. Zugriff: 28.11.2016.

Deutsche Ophtalmologische Gesellschaft, Retinologische Gesellschaft, Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (2014): Aktuelle Stellungnahme zu Nahrungsergänzungsmitteln bei altersabhängiger Makuladegeneration (AMD). Zugriff: 01.11.2016.

EFSA: Scientific Opinion on the re-evaluation of lutein preparations other than lutein with high concentrations of total saponified carotenoids at levels of at least 80%. EFSA Journal 2011; 9 (5); 2144 [25 pp.]. doi:10.2903/j.efsa.2011.2144.

EFSA: Opinion of the Scientific Panel on Food Additives, Flavourings, Processing Aids and Materials in Contact with Food on a request from the commission related to Lutein for use in particular nutritional uses. EFSA Journal 2007, EFSA-Q-2003-128. doi: 10.2903/j.efsa.2007.315.

EU Register on nutrition and health claims, Suchwort: Lutein. Zugriff: 28.11.2016.

GSPS (2014): Farbstoffe für’s Auge. Hilft Lutein bei der Makuladegeneration? Gute Pillen, schlechte Pillen (5); 22-23. Zugriff: 28.11.2016.

IQWiG: Nahrungsergänzungsmittel bei AMD. Stand: 29.07.2015. Zugriff: 28.11.2016.

Pasaporte MS et al. (2014): Xanthophyll content of selected vegetables commonly consumed in the Philippines and the effect of boiling. Food Chem 158; 135-140.

Satia JA, Littman A et al. (2009): Long-term use of beta-carotene,retinol, lycopene, and lutein supplements and lung cancer risk: results from the VITamins And Lifestyle (VITAL) study. American Journal of Epidemiology, Bd 169, Nr 7; 815-818.