Vegane Ernährung – auf welche Nährstoffe sollten Sie achten?

Stand: 03.01.2017    Drucken
Auch ohne tierische Lebensmittel kann man sich gesund ernähren. Allerdings gilt es, einige wichtige Empfehlungen für die Nährstoffversorgung zu beachten.
Das Wichtigste in Kürze:
  • Vitamin B12 ist in ausreichender Menge ausschließlich in tierischen Lebensmitteln enthalten und muss daher unbedingt ergänzt werden.
  • Mit einer gut geplanten Lebensmittelauswahl kann der Bedarf an weiteren kritischen Nährstoffen wie Eisen, Calcium oder Omega-3-Fettsäuren gedeckt werden.
  • Kombinationsprodukte, die Vitamine, Mineralstoffe und andere Zutaten nach dem "Gießkannenprinzip" enthalten, sind unnötig.
  • In Kapseln oder Lutschtabletten können Gelatine oder Milchzucker enthalten sein – achten Sie auf die Zutatenliste oder fragen Sie den Hersteller.

Was versteht man unter "veganer Ernährung"?

Gemüse
Foto: Kurhan / Fotolia.com

Während Vegetarier Produkte vom Tier wie Milchprodukte, Eier oder Honig verzehren, essen Veganer ausschließlich pflanzliche Kost. Sämtliche Nahrungsmittel tierischer Herkunft werden gemieden. Auch Zusatzstoffe und Aromen, Nahrungsergänzungsmittel und Medikamente sollten nicht tierischen Ursprungs sein. Manche Veganer verzichten darüber hinaus auf von Tieren stammende Materialien für Kleidung und Gebrauchsgegenstände wie zum Beispiel Wolle und Leder.

Beweggründe für eine vegane Ernährungs- oder Lebensweise können ethischer, religiöser, ökologischer oder gesundheitlicher Natur sein.

Wie ist sie zu bewerten?

Zunächst die Pluspunkte einer pflanzenbetonten Ernährungsweise: Gesichert ist, dass eine vegetarische Ernährungsweise, die auch Milch/-produkte und Eier enthält, im Vergleich zur üblichen Durchschnittsernährung meist die gesündere Alternative ist. Viele dieser Vorteile gelten sehr wahrscheinlich auch für Veganer. Es gibt jedoch zu wenig Studien zu den langfristigen Folgen einer veganen Ernährung, sodass die Aussagen auf Veganer bezogen weniger sicher sind.

Dies konnte in zahlreichen Studien gezeigt werden:

  • Vegetarier essen mehr Gemüse, Obst, Vollkorn- und Sojaprodukte sowie Nüsse samt den darin enthaltenen gesundheitsfördernden Pflanzenstoffen.
  • Sie sind meist besser mit Kalium, Magnesium, Folsäure, Vitamin C und E sowie Ballaststoffen versorgt.
  • Durch den Verzicht auf Fleisch und Wurstwaren nehmen sie gleichzeitig geringere Mengen an gesättigten Fettsäuren und Cholesterin auf.
  • Wenn dazu allgemein eine gesundheitsbewusste Lebensweise (Nichtrauchen, wenig Alkohol, mehr Bewegung) kommt, führt dies zu gesundheitlichen Vorteilen bei Vegetariern.

Die vegane Ernährung birgt jedoch auch gesundheitliche Risiken: Prinzipiell erhöht jede starke Einschränkung der Lebensmittelauswahl das Risiko, mit bestimmten Nährstoffen nicht optimal versorgt zu sein oder langfristig sogar in einen Mangel mit negativen gesundheitlichen Folgen zu geraten. Denn die unterschiedlichen Lebensmittelgruppen versorgen den Körper mit jeweils verschiedenen Nährstoffen. Veganer brauchen deshalb ein gutes Ernährungswissen.

Bei veganer Ernährung gibt es durch den Verzicht auf alle tierischen Lebensmittel einige potenziell kritische Nährstoffe, d. h. die Aufnahme entspricht nicht den Empfehlungen. Dies heißt nicht unbedingt, dass gleich eine Mangelerscheinung auftritt - aber das Risiko dafür ist höher als bei Nicht-Veganern.

Im Vergleich zu einer durchschnittlichen Ernährung nehmen Veganer häufig weniger

Auch der Eiweißanteil kann bei einseitiger veganer Ernährung zu niedrig sein.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) vertritt nach wie vor die Meinung, dass eine vegane Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit sowie im gesamten Kindes- und Jugendalter nicht geeignet ist, den Nährstoffbedarf ausreichend zu decken. Wer sich oder seine Kinder in diesen besonderen Situationen trotzdem vegan ernähren möchte, sollte sich besonders gut informieren und eventuell Ernährungsberater und Fachärzte (Kinderarzt, Frauenarzt) um Rat fragen.

Spezielle Nahrungsergänzung für Veganer?

Der vegane Lebensstil liegt im Trend und findet immer mehr Anhänger. Neben einem neuen Angebot an veganen Fertig- und Ersatzprodukten im Handel kommen gleichzeitig spezielle Nahrungsergänzungsmittel (NEM) für Veganer auf den Markt. Sie sollen die Nährstoffe liefern, die bei veganer Ernährungsweise zu kurz kommen können.

Die Zeitschrift Öko-Test hat 2015 neun Nahrungsergänzungsmittel für Veganer untersucht und kam zu folgendem Ergebnis:

  • Von neun getesteten Präparaten aus Apotheke, Drogerie, Reformhaus und Versandhandel vergaben die Tester sowohl bei den Inhaltsstoffen als auch im Gesamturteil achtmal das Urteil "ungenügend" und einmal "ausreichend".
  • In allen Präparaten war zwar Vitamin B12 enthalten, bei drei Herstellern jedoch in viel zu hoher Dosierung.
  • Für eine Reihe anderer Substanzen wie Borretschöl oder Olivenblätter war der Nutzen für gesunde Veganer nicht belegt.
  • Die Dosierungen gingen bei einigen Stoffen zum Teil über die Höchstmengenempfehlungen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) hinaus.
  • Die teilweise zugesetzten Spurenelemente Kupfer, Eisen und Mangan sollten nach Auffassung des BfR generell nicht in NEM eingesetzt werden.
  • Im zweitteuersten NEM (ein Euro pro Tagesdosis) wurden Spuren polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe (PAK) nachgewiesen. Sie finden sich im Algenöl, einer Quelle für die Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA.

Was ist sinnvoll?

Vitamin B12 ist nur in tierischen Lebensmitteln enthalten und muss bei veganer Ernährung über Nahrungsergänzungsmittel (am besten sogenannte Monoprodukte, die nur Vitamin B12 enthalten) oder angereicherte Lebensmittel (z. B. Frühstückscerealien) ergänzt werden; bei nachgewiesenem Mangel kann der Arzt auch eine Injektion verabreichen.

Achtung: Es gibt keine Belege dafür, dass Vitamin B12 aus pflanzlichen Quellen wie Sauerkraut, Algen (zum Beispiel Spirulina), Hefe, Sanddorn oder anderen pflanzlichen Lebensmitteln vitaminwirksam wäre. Diese Lebensmittel können jedoch zum Teil Vitamin-B12-ähnliche Substanzen (sogenannte Analoga) enthalten, die nicht wirksam sind, dafür aber die Körperrezeptoren für echtes Vitamin B12 blockieren.

Die Bedarfsdeckung mit den kritischen Nährstoffen Calcium, Eisen, Zink, Vitamin B2 (Riboflavin), Jod und Omega-3-Fettsäuren über Lebensmittel ist möglich, wenn man gut informiert ist.

Worauf sollte ich bei der Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln für Veganer achten?

  • 3 - 9 µg Vitamin B12 pro Tag reichen In einigen Nahrungsergänzungsmitteln für Veganer werden Vitamin-B12-Mengen eingesetzt, die mehr als das Hundertfache über der Menge (3-9 µg) liegen, die vom Bundesinstitut für Risikobewertung für den Einsatz in NEM empfohlen werden. Auch wenn hier kein gesundheitliches Risiko besteht, so ist diese hohe Menge auch nicht sinnvoll. Denn je höher die eingenommene Einzeldosis ist, desto niedriger ist die Bioverfügbarkeit des Vitamin B12 (es wird also weniger vom Körper aufgenommen).
  • Achten Sie auf die Prozentangaben für die Tagesdosis des NEM. Für die einzelnen Nährstoffe sollten sie nicht über 100 % liegen. Viele Nahrungsergänzungen für Veganer sind Kombinationsprodukte mit einer Mischung aus Vitamin B12 und anderen Vitaminen und Mineralstoffen, die nach dem "Gießkannenprinzip" eingesetzt werden. Nicht selten übersteigen die Nährstoffkonzentrationen die empfohlenen Zufuhrmengen von Fachgesellschaften bei weitem. Öko-Test fand bei den untersuchten Produkten Vitamin D, Zink, Selen, Vitamine B1, B2, B6 und C, Niacin, Panthothensäure und Chrom teilweise in erhöhten Mengen. Sowohl Nutzen als auch Risiken der Kombinationsprodukte sind hier unklar.
  • Hinterfragen Sie Zutaten kritisch, die nicht zu den problematischen Nährstoffen für Veganer (s.o.) gehören.

So ist ein besonderer Nutzen von Zutaten wie Borretschöl, Apfelpektin oder schwarzem Pfeffer in NEM nicht belegt.

Was kann ich noch tun?

Grundsätzlich ist für Veganer eine jährliche Kontrolle der Blutwerte für kritische Nährstoffe sinnvoll.

Wenn Sie sich vegan ernähren, können Sie sich mit Hilfe einer gut geplanten Lebensmittelauswahl mit folgenden kritischen Nährstoffen ausreichend versorgen:


Kritischer Nährstoffenthalten in tierischenLebensmitteln vegane Alternative  
Calcium Milch, MilchproduktenGemüse (z.B. Brokkoli, Grünkohl, Rucola), Nüsse (z.B. Haselnüsse und Paranüsse), Hülsenfrüchte, Fleischersatz aus Soja, Tofu, Mineralwasser (calciumreich, d.h. mehr als 150 mg/L), mit Calcium angereicherte Lebensmittel  
Omega-3-Fettsäuren fetter Meeresfischmit Mikroalgenölen angereicherte Lebensmittel  
Vitamin B2 Milch, Milchprodukte Ölsamen, Nüsse, Hülsenfrüchte, verschiedene Gemüsearten (z.B. Brokkoli, Grünkohl), Vollkorngetreide  
Eisen Fleisch, Fleischwaren Ölsamen, Nüsse, Hülsenfrüchte, verschiedene Gemüsearten (z. B. Brokkoli, Schwarzwurzeln), Vollkorngetreide; Vitamin-C-reiche Säfte oder andere Lebensmittel verbessern die Eisenaufnahme im Körper  
Jod Meeresfischmit Jod angereichertes Salz, Meeresalgen mit moderatem Jodgehalt wie Nori  
Vitamin D Sonderstellung: Veganer und Nichtveganer bilden Vitamin D vor allem im Körper durch Sonnenbestrahlung der Haut. Über Lebensmittel wie Pilze werden nur sehr geringe Mengen aufgenommen.Sonderstellung: Veganer und Nichtveganer bilden Vitamin D vor allem im Körper durch Sonnenbestrahlung der Haut. Über Lebensmittel wie Pilze werden nur sehr geringe Mengen aufgenommen.  

Quellen



Richter M, Boeing H, Grünewald-Funk D, et al. (2016). Vegane Ernährung: Position der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). Ernahrungs Umschau 63(4): 92-102.

Pabel B (2015). Vitaminpillen für Veganer. UGB-Forum 32(2): 100-101.

Hahn A, Ströhle A, Wolters M (2016): Ernährung. Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie. Kap. 20: Alternative Ernährungsformen, S. 651ff. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart

Kompetenzzentrum Ernährung (KErn) (2016) Vegane Ernährung. Stand: 1. Auflage, April 2016, (eingesehen am 15.12.2016)

Dohrmann A (2015): Test Nahrungsergänzungsmittel für Veganer. So einfach is(s) es nicht! Öko-Test 5/2015, S. 83f, (eingesehen am 16.12.2016)