Vitamin B6 – Wirklich Power fürs Gehirn?

- Vitamin B6 ist ein wichtiger Reaktionspartner in vielen Stoffwechselvorgängen.
- Mit einer normalen Mischkost wird ausreichend Vitamin B6 aufgenommen.
- Ein Mangel kann zu schweren Nervenstörungen führen, tritt aber fast ausschließlich bei einer Unterernährung auf.
- Meist im Internet angebotene hochdosierte Vitamin B6- Produkte für Sportler können bei langfristiger Einnahme der Gesundheit schaden.
- Was sagt die Werbung zu Vitamin B6?
- Wofür braucht der Körper Vitamin B6?
- Kann ich meinen Tagesbedarf über die Nahrung decken?
- Auf was sollte ich bei der Einnahme von Vitamin B6-Produkten achten?
Was sagt die Werbung zu Vitamin B6?
"Sorgt für Ruhe und Ausgeglichenheit" und "beteiligt an der Produktion von Nervenbotenstoffen wie Serotonin" versprechen die Hersteller und warnen "ein Mangel führt zu Stimmungsschwankungen, Konzentrationsschwierigkeiten, Schlaflosigkeit und Reizbarkeit".
Vitamin B6 (Pyridoxin) wird häufig gemeinsam mit anderen B-Vitaminen beworben. z. B. "wirkt stabilisierend auf das Nervenkostüm und reguliert die Hormontätigkeit" oder auch als "Gehirn-Vitamine", "Glücks-Vitamine" oder "Anti-Stress-Vitamine". Zielgruppe der Werbung sind häufig Frauen in den Wechseljahren oder auch Sportler.
Für Vitamin B6 sind einige Gesundheitsversprechen, sogenannte Health Claims zugelassen, u.a. darf geworben werden, dass B6 "zu einer normalen psychischen Funktion", "zu einer normalen Funktion des Nervensystems" oder "zur Verringerung von Ermüdung und Müdigkeit" beiträgt.
Gemeinsam mit Vitamin b12 und Folat spielt Vitamin B6 eine wichtige Rolle im Homocystein-Stoffwechsel. Homocystein ist ein schädliches Stoffwechselprodukt, das in höheren Mengen u.a. den Stoffwechsel von Nervenbotenstoffen stört. Für Vitamin B6 ist deshalb, wie für die anderen beiden genannten Vitamine, der Health Claim "trägt zu einem normalen Homocystein-Stoffwechsel bei" zugelassen.
Ungeklärt ist, ob Vitamin B6 eine vorbeugende Wirkung bei Herz-Kreislauf-, Haut- und Nerven-Erkrankungen hat.
Das Vitamin liegt in verschiedenen Formen im Körper vor. Von besonderer Bedeutung ist die Form PLP (Pyridoxal-5′-Phosphat), die als Coenzym an ca. 100 enzymatischen Reaktionen, z. B. im Aminosäure-Stoffwechsel, beteiligt ist. Die Aussage von Anbietern, dass Produkte mit PLP vom Organismus direkt verwertbar sind und im Körper nicht mehr umgewandelt werden müssen, trifft so nicht zu: Beim Verdauungsvorgang kommt es zu einem Abbau und in Leber, Blut und Nieren zu einem ständigen Umbau der verschiedenen Vorstufen und Formen des Vitamins, u.a. zum Aufbau von PLP als Speicherform in der Muskulatur.
Wofür braucht der Körper Vitamin B6?
Vitamin B6 oder Pyridoxin ist ein Sammelbegriff für verschiedene verwandte Stoffe, die zentrale Abläufe im Körper regeln. Vitamin B6 ist das wichtigste Coenzym im Aminosäure-Stoffwechsel, z. B. gemeinsam mit Folat im Homocystein-Stoffwechsel. Es ist an der Bildung von Botenstoffen in den Nerven und im Fettstoffwechsel beteiligt. Das Vitamin beeinflusst bestimmte Hormonaktivitäten und hat Auswirkungen auf das Immunsystem.
Vitamin B6 gehört zu den wasserlöslichen Vitaminen. Bei ausreichender Versorgung sind im Körper ungefähr 100 mg in der Muskulatur gespeichert, überschüssige Mengen werden über die Nieren ausgeschieden.
Ein Mangel an diesem Vitamin ist bei gesunden Menschen sehr selten, da mit der Nahrung meist genug aufgenommen wird. Chronische Verdauungsstörungen bzw. Alkoholabhängigkeit oder eine zu geringe Nahrungsaufnahme, z. B. bei älteren Menschen oder durch häufige Diäten, können aber zu Mangelsymptomen führen. Das sind z. B. Ausschläge und Entzündungen am Mund, Durchfall, Erbrechen und Krämpfe.
Kann ich meinen Tagesbedarf über die Nahrung decken?
Vitamin B6 ist in pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln weit verbreitet. Die Verfügbarkeit aus tierischen Lebensmitteln ist allerdings deutlich höher als aus pflanzlichen, besonders wenn deren Ballaststoffgehalt hoch ist.
Besonders gute tierische Quellen sind Fisch, wie Lachs oder Makrele, Fleisch und Leber. Milchprodukte enthalten zwar eher geringere Mengen, aber bei reichlichem Verzehr sind sie ebenfalls gute Vitamin B6-Lieferanten. Bei den pflanzlichen Lebensmitteln können neben
Nüssen vor allen Dingen Vollkorngetreide, Kartoffeln, Gemüsesorten wie Tomaten und Karotten sowie Hülsenfrüchte einen nennenswerten Beitrag leisten. Bei dunkler Lagerung und durch Zerkleinerung im Haushalt geht wenig Vitamin B6 verloren, aber Kochen oder anderes Erhitzen kann zu Verlusten führen.
Frauen können ihren Bedarf von 1,2 mg pro Tag und Männer von 1,4 bis 1,6 mg mit einer abwechslungsreichen Kost problemlos decken. Schwangere und Stillende haben zwar einen erhöhten Bedarf, aber kaum Probleme, diese Werte zu erreichen.
Auf was sollte ich bei der Einnahme von Vitamin B6-Produkten achten?
Über Nahrungsmittel zu viel Vitamin B6 aufzunehmen, ist kaum möglich. In Nahrungsergänzungsmitteln wird B6 allerdings, wie auch andere Vitamine, oft hoch dosiert eingesetzt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt Erwachsenen und Jugendlichen ab 15 Jahren, nicht mehr als 3,5 mg Vitamin B6 pro Tag über Nahrungsergänzungsmittel aufzunehmen. Für Kinder unter 15 Jahren sind gesonderte Betrachtungen notwendig und ggf. geringere Dosierungen. Mengen von über 20 mg pro Tag werden als nicht sicher eingeschätzt.
Gerade Vitamin B6-Produkte für Sportler aus dem Internet liefern manchmal mehr als 3000 % des Tagesbedarfs bzw. der Zufuhrempfehlungen, wie das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit 2015 festgestellt hat. Diese sehr hohen Dosierungen sind daran zu erkennen, dass der auf der Verpackung in der Nährwerttabelle angegebene Nährstoffbezugswert (NRV oder nutrient reference value) für die Tageszufuhr die 100 Prozent deutlich übersteigt (z.B. "3500 % NRV").
Größere Mengen Vitamin B6 scheinen nicht akut giftig zu sein. Allerdings besteht bei langfristiger Aufnahme von großen Mengen der Verdacht, dass es zu Nervenstörungen bzw. Neuropathien kommt. Beobachtet wurden Probleme beim Gehen, eine besondere Empfindlichkeit gegenüber Sonnenlicht, Hautausschläge, unangenehmes Kribbeln in Händen oder Füßen, schmerzhafte Missempfindungen oder Taubheitsgefühle.
Sehr hohe Dosierungen von Vitamin B6 können die Wirkung von Medikamenten wie z. B. Levodopa (Arzneimittel gegen Parkinson) beeinträchtigen oder den Abbau z. B. von Phenytoin (Antiepileptikum) erhöhen.
- Pyridoxinhydrochlorid
- Pyridoxin-5′-phosphat
- Pyridoxal-5′-phosphat
Quellen:
Weißenborn A. et al.: Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln. J Consum Prot Food Saf (2018). Online publiziert am 04.01.2018
Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Österreichische Gesellschaft für Ernährung, Schweizerische Gesellschaft für Ernährungsforschung, Schweizerische Vereinigung für Ernährung: Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Bonn, 2. Auflage, 2. aktualisierte Ausgabe (2016)
Max Rubner-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel, Nationale Verzehrsstudie II, Teil 2: Die bundesweite Befragung zur Ernährung von Jugendlichen und Erwachsenen, 2008
Verordnung (EG) Nr. 1170/2009 der Kommission vom 30. November 2009, Anhang II: Vitamine und Mineralstoffe, die bei der Herstellung von Nahrungsergänzungsmitteln verwendet werden dürfen die in NEM verwendet werden dürfen
Bechthold A, Albrecht V, Leschik-Bonnet E, Heseker H: Statement: Evaluation of vitamin supplies in Germany, Data on vitamin intake, 2012
Heseker A. Stahl A., Vitamin B6: Physiologie, Vorkommen, Analytik, Referenzwerte und Versorgung in Deutschland, Ernährungs-Umschau, 2/2008. URL: http://d.mp3vhs.de/B/V/V19.pdf
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, "Als gesundheitsschädlich eingestufte Vitamin B6-Gehalte in Nahrungsergänzungsmitteln – Untersuchungsergebnisse 2015", 31.01.2017