Ohne L-Carnitin keine Fettverbrennung?

- L-Carnitin wird im Körper ausreichend selbst gebildet, ein Zuviel wird mit dem Urin ausgeschieden.
- Eine Extraportion kann weder den Gehalt im Muskel erhöhen, noch Muskelschäden verhindern oder die Fettverbrennung ankurbeln.
- Eine längere Einnahme senkt die körpereigene Produktion.
- Nebenwirkungen sind möglich. Hohe Dosen führen zu Durchfall, über längere Zeit kann L-Carnitin Arterien und Herz schädigen.
- Was steckt hinter der Werbung zu L-Carnitin?
- Auf was sollte ich bei der Verwendung von L-Carnitin-Produkten achten?
- Was ist L-Carnitin?
Was steckt hinter der Werbung zu L-Carnitin?
Beworben wird Carnitin vor allem als "Fatburner", also als "Fettverbrenner". In Internetforen können Sie beispielsweise lesen: "der Turbo für den Fetttransport", "die schnelle Versorgung für einen straffen und gut definierten Körper" oder "ohne ausreichend L-Carnitin kann Ihr Körper nicht genügend Fett verbrennen".
Als Nahrungsergänzungsmittel wird es vor allem mit einer Steigerung der Leistungs- und Regenerationsfähigkeit von Sportlern beworben. Auch zur Gewichtsreduktion wird es angeboten. Hersteller behaupten, dass durch die Einnahme hoher Carnitinmengen die Energiegewinnung aus Fett beschleunigt wird. Glykogenreserven sollen während der sportlichen Aktivität geschont werden. Angeblich ermüdet die Muskulatur dann später.
Da L-Carnitin an der Energiegewinnung in der Zelle beteiligt ist, liegt die Annahme nahe, dass ein Extra als "Fettverbrenner" wirkt. Studien haben aber gezeigt, dass eine zusätzliche Aufnahme in Form von Tabletten den Carnitingehalt in den Muskelzellen nicht steigern kann. Auch die Geschwindigkeit der Fettverbrennung wird nicht erhöht. Der Fettanteil des Körpers verändert sich nicht. Jeder Carnitin-Überschuss wird mit dem Urin ausgeschieden.
Auch Sportler haben keinen Mangel an diesem Stoff. Über die Nahrung werden große Mengen an L-Carnitin aufgenommen. Zu einer geringeren Versorgung kann es höchstens kommen, wenn Sie sich als Leistungssportler rein vegetarisch ernähren.
Werbeaussagen zur Wirkung von L-Carnitin sind mit Inkrafttreten der Health Claims-Positivliste (VO (EU) 432/2012) seit Dezember 2012 verboten.
Die von Anbietern zur Zulassung beantragten Claims "Förderung des Fettstoffwechsels", "Muskelstoffwechsel" oder "Verbesserung der Ausdauer" wurden von der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA als wissenschaftlich nicht gesichert zurückgewiesen. Auch ein Einfluss auf den "normalen Fettstoffwechsel" konnte nicht belegt werden.
Auf was sollte ich bei der Verwendung von L-Carnitin-Produkten achten?
Eine Nahrungsergänzung ist überflüssig, da Carnitin von gesunden Menschen ausreichend gebildet wird. Hinzu kommt die Zufuhr durch (tierische) Lebensmittel.
Die häufig empfohlene Aufnahme von 3 g pro Tag ist im Vergleich zu einem normalen Tagesbedarf von etwa 16 mg sehr hoch. Zwar wird überschüssiges Carnitin schnell über die Niere mit dem Urin ausgeschieden. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass Ihr Körper die eigene Produktion zurückfährt oder ganz einstellt, wenn Sie regelmäßig L-Carnitin zusätzlich über Nahrungsergänzungsmittel einnehmen. Bei größeren Mengen (ab ca. 4 g/Tag) können Sie auch Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall bekommen. Auch deshalb sollten Sie Produkte ohne eine genaue Angabe des Carnitingehaltes auf keinen Fall konsumieren
Nach neuen Erkenntnissen könnten Carnitinpillen (wie auch zu viel rotes Fleisch) das Wachstum von bestimmten Darmbakterien fördern. Diese wiederum bilden einen Stoff, der die Bildung von Gefäßablagerungen fördert und damit das Risiko für Herzerkrankungen erhöht.
Was ist L-Carnitin?
L-Carnitin ist eine Aminosäure-Verbindung, die in der Leber aus einzelnen Aminosäuren bedarfsgerecht gebildet wird. Es spielt eine wichtige Rolle bei der Energiegewinnung des Körpers aus Fettsäuren. Das ist vor allem im Ausdauersport von Bedeutung, denn es dient als Transportmittel für die Fettsäuren zum Ort der Fettverbrennung in den Zellen, zu den Mitochondrien. Der Tagesbedarf wird auf 16 mg geschätzt. In der Muskulatur werden ungefähr 20-25 mg gespeichert. Wenn Sie mehr aufnehmen, scheinen Sie es mit dem Urin wieder aus.
Carnitin ist in zahlreichen Lebensmitteln enthalten. Wichtigste Quellen sind tierische Produkte, vor allem Rindfleisch (70 mg/100 g) und Schweinefleisch (30 mg/100 g). Bei Menschen, die sich von Tierischem und Pflanzlichem ernähren, ist der Bedarf an Carnitin mehr als gedeckt. Obwohl Vegetarier nur ungefähr ein Zehntel dessen aufnehmen, ist ein Mangel äußerst selten. Auch bei großen Aufnahmemengen nutzt der Körper nur einen ganz kleinen Teil davon.
Carnitin wird als Nahrungsergänzungsmittel in Kapselform, als Kautabletten oder flüssig in Ampullen angeboten. Gleichzeitig wird es als Kombi-Produkt mit Omega-3-Fettsäuren, Magnesium oder Vitamine angeboten und als Zusatz in Eiweißshakes und Kohlenhydratgelen. In Produkten findet man die Substanz z.B. als Acetylcarnitin, Carnitin-Hydrochlorid oder -Tartrat. Präparate sind in Drogeriemärkten, Apotheken, Sportstudios und übers Internet (z.B. für 0,50 bis 1,50 € pro Tagesdosis) erhältlich.
Quellen:
Koeth RA et al.: Intestinal microbiota metabolism of L-carnitine, a nutrient in red meat, promotes atherosclerosis. Nat Med. 2013 May;19(5):576-85
Chopra M et al.: "Isoflavone und L-Carnitin - Mehr Risiko als Nutzen" Pharmazeutische Zeitung 26/2010
Dubbels W.: "Leistungsfördernde Produkte kritisch bewerten" Pharmazeutische Zeitung 8/2004
Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V. (GDCh): Grundlagenpapier Sportlernährung und Sportlernahrung: Eine aktuelle Bestandsaufnahme, Anhang Tabelle 1, Überblick über Nährstoffe und sonstige Stoffe mit (ernährungs-)physiologischer Wirkung, die in der Sportlerernährung verwendet werden.
EFSA: L-carnitine and contribution to normal lipid metabolism: evaluation of a health claim; EFSA Journal 2018; 16(1); 5137
EFSA: Scientific Opinion on the substantiation of health claims related to L-carnitine EFSA Journal 2011; 9(6):2212